Welche Kompetenzen braucht ein guter Vocalcoach?
Was muss man eigentlich können und was muss man so mitbringen, wenn man als Vocalcoach arbeiten möchte? Diese Frage kam vor kurzem auf und ich möchte mich in diesem Blogartikel etwas näher damit befassen. Hast du Lust darauf? Prima, also los!
Als Grundvoraussetzung über allem steht dabei für mich die Freude an der Musik und am Umgang mit Menschen. Als Vocalcoach arbeitest du täglich und sehr intensiv mit anderen Menschen zusammen. Alleine deshalb solltest du dir immer deiner Verantwortung für dein Gegenüber bewusst sein. Kein anderer Unterricht ist so nah, so unmittelbar und so persönlich – und vor allem so untrennbar mit der eigenen Persönlichkeit und mit der Persönlichkeit unseres Gegenübers verbunden. Klar, dass es wichtig ist, dass wir einige Kompetenzen mit im Gepäck haben sollten, die dieser Verantwortung gerecht werden.
Lass dich aber von dieser Aufstellung hier nicht entmutigen. Sie soll nur eine Richtschnur für dich sein. Die meisten dieser Kompetenzen sind erlernbar und man kann sie ausbauen. Also, legen wir los mit einer Übersicht:
Selbstkompetenzen oder auch: persönliche Kompetenzen
- Dein eigenes Selbstbild
- Selbstvertrauen und Selbstsicherheit
- Selbstreflektion
- Empathie
- Kreativität
Sozialkompetenzen
- Kommunikationsfähigkeit
- Zuhören können
- Die Sache mit dem Scheinwerferlicht
Methoden- oder Fachkompetenz
Schauen wir uns nun die einzelnen Punkte noch etwas genauer an:
Selbstkompetenzen oder auch: persönliche Kompetenzen
Dein eigenes Selbstbild
Als Vocalcoach solltest du dich selbst und deine Stimme gut kennen und gut damit umgehen können. Du solltest wertschätzend mit anderen Menschen umgehen können und es sollte dir leichtfallen, relativ schnell gute Beziehungen zum Gegenüber aufbauen zu können, die von Vertrauen, Respekt und Wertschätzung geprägt sein sollten. Gleichzeitig verlangt dir genau das eine große Portion Anpassungsfähigkeit ab, denn nicht jeder Gegenüber ist gleich und manchmal musst du vielleicht auch schnell von einer Stunde zur nächsten und von einem Coachee zum nächsten switchen können. Dein Selbstbild sollte stabil, flexibel und ebenfalls wertschätzend dir gegenüber sein. Außerdem solltest du deine eigenen Grenzen kennen: bis wohin kannst und willst du deinen Coachee begleiten? Du musst nicht alles können und alles wissen. An bestimmten Punkten ist es wichtig und richtig, z.B. an Ärzte oder Therapeuten zu verweisen. Du solltest dich aber in jedem Fall selbst am besten einschätzen können und immer und ausschließlich zum Besten deines Coachees handeln.
Selbstvertrauen und Selbstsicherheit
Das Vertrauen in dich selbst ist ein entscheidender Faktor in deinem Coachingprozess. Denn was du vor allem anderen ausstrahlen solltest, ist Sicherheit, in die sich dein Coachee fallen lassen kann und die es dir ermöglicht, souverän z.B. auch kreativere Übungen anzubieten oder mit Widerstand umgehen zu können. Wenn du Sicherheit ausstrahlst, machst du es deinem Gegenüber leicht, mit dir mitzugehen.
Selbstreflektion
In der Arbeit mit Menschen ist es quasi deine Pflicht, achtsam und sorgsam zu agieren und auch dein eigenes Verhalten immer wieder anzuschauen, zu reflektieren und vielleicht auch zu hinterfragen – sei es durch die Kommunikation mit Kollegen*innen, in der Supervision mit einem/einer Mentor/in oder in Weiterbildungssituationen. Du hast als Coach nie ausgelernt, neues über dich und deinen Prozess zu erfahren. Es ist und bleibt eine ständige Weiterentwicklung, die aber deinen Erfahrungsschatz, deine Expertise und dein Standing stärker werden lassen werden. Wenn du dich darauf einlässt…
Empathie
= „die Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellungen anderer Menschen einzufühlen“ – sagt der Duden. Empathie ist dieser eine Punkt, den man nur schwer erlernen kann und der aber so viel Macht über den Erfolg deines Coachings bedeutet. Empathie schafft die Verbindung zwischen dir und deinem Coachee – und zwar in der kürzesten Zeit. Empathische Menschen haben es in diesem beruflichen Kontext um einiges einfacher, sich mit ihren Mitmenschen zu verbinden und mit ihnen weiterzugehen.
Kreativität
Und damit meine ich nicht etwa deine Skills als Musiker*in, sondern wie kreativ du im Umgang mit deinem Coachee sein kannst, wenn es darum geht, ihn oder sie zu ihrem gewünschten Ziel zu bringen. Es ist völlig in Ordnung, eine grobe Idee oder einen grundsätzlichen Plan von der Gestaltung und dem Ablauf deiner Coaching Session zu haben, aber du solltest immer so flexibel sein können, um auch davon abweichen zu können – wenn es der Prozess erfordert. Aber auch Kreativität im Umgang mit den verschiedenen Lerntypen gehört hier drunter: sei kreativ was Lernmaterialien angeht, die Ausgestaltung von Übungen, deinen ganzen Unterricht. Sei bunt, flexibel, außergewöhnlich.
Sozialkompetenzen
Kommunikationsfähigkeit
Ist klar, oder? Kein Vocalcoaching ohne Kommunikation. Du solltest als Coach klar und präzise kommunizieren können, so dass dein Coachee genau weiß, was du von ihm oder ihr gerade möchtest. Eine Ausdrucksweise, die sicher, klar und wertschätzend ist, sollte ein absolutes Muss in deiner täglichen Arbeit sein.
Zuhören können
Ob aktiv oder nicht: zuhören zu können ist eine wesentliche Kompetenz, die ein Vocalcoach in jedem Fall haben sollte. Schließlich kommt der Coachee aus einem ganz bestimmten Grund zu dir und wenn du es verpasst, richtig zuzuhören, kann auf dem Weg zum gewünschten Stimmziel sehr schnell so einiges schieflaufen. Zum Zuhören können gehört für mich auch die Gabe dazu geduldig zu sein, wenn der Coachee spricht. Unterbrich nicht, wirf nicht bereits die nächste Lösung in den Ring, sondern hör einfach zu wohin die Reise gehen soll. Dein Coachee wird es dir danken.
Die Sache mit dem Scheinwerferlicht
Im Scheinwerferlicht eures gemeinsamen Coachingweges stehst nicht du als Coach sondern immer der Coachee. Vergiss das nie! Wenn du nur Vocalcoach bist, um dich selbst darstellen zu wollen, bist du an der falschen Adresse. Lass deinen Coachee strahlen und glänzen – und feiere dich selbst im stillen Kämmerlein dafür, dass du ein so großartiger Wegbegleiter bist.
Last but not Least:
Methoden- oder Fachkompetenz
Ja, du brauchst als Vocalcoach eine Menge Fach- und Methodenkompetenz. Du musst schließlich dein Handwerk verstehen. Du solltest wissen, wie die Stimme funktioniert, welche Übungen es für welches Stimmziel gibt usw usw usw. Die Liste ist ab hier fast unendlich. Wo du dir diese Kompetenzen hernimmst, ist fast immer Geschmacks- und Erfahrungssache und viele Wege führen bekanntlich nach Rom. Unter Fachkompetenz würde ich hier an dieser Stelle noch gerne die Fragetechnik einordnen und alles, was damit zu tun hat, dass du fachlich einen Coachingprozess gut begleiten kannst.
Schau dich um, bilde dich weiter, schnuppere überall mal hinein und nimm dir das für deinen Unterricht mit, was du brauchst. Und wenn dir etwas fehlt: geh auf die Suche, buche die nächste Weiterbildung und bleib dran. Vocalcoach zu sein heißt auch, nie ausgelernt zu haben.
Sollte hier in dieser Übersicht etwas sein, das du ebenfalls gerne mit in dein Vocalcoaching nehmen möchtest, dann bitte gerne! Ich freu mich über jeden Impuls, der bei dir gelandet ist und dort vielleicht auf fruchtbaren Boden fällt. Fehlt dir irgendetwas in dieser Liste? Dann schreib es mir gerne in die Kommentare.
Hab eine gute Zeit und viel Spaß beim Reflektieren und Ausprobieren.
Liebe Grüße,
Michaela
Bildquelle: Medien von wix
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